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Lawinenschutzausrüstung

Überleben im Schnee

Schaufel, Sonde, Pieps und zusätzliches Equipment können die Vernunft am Berg nicht ersetzen. Darum sei gleich zu Beginn klar und deutlich gesagt, dass Lawinenausrüstung keinen Schutz vor Lawinen bietet. Vielmehr handelt es sich dabei um eine Notfallausrüstung, die hilft, die Überlebenschancen zu erhöhen. Womit wir auch schon beim wichtigsten Sicherheitsfaktor wären, den man beim Tourengehen mit Board, Ski oder Schneeschuhen im freien Gelände immer im Gepäck haben sollte: die Vernunft - verbunden mit Erfahrung und Wissen um alpine Gefahren. Dennoch kann ein Unglück niemals ganz ausgeschlossen werden. Und genau in diesen Fällen erhöht eine adäquate Lawinenausrüstung die Überlebenschancen um ein Vielfaches.

LVS-Geräte entscheiden oft über Leben oder Tod

Über Leben oder Tod entscheidet ganz wesentlich die Zeit, die man verschüttet unter einer Lawine zubringen muss. Die Zahlen sind eindeutig. Bis zu 18 Minuten bedeutet statistisch betrachtet, mit einer Wahrscheinlichkeit von um die 90 Prozent lebend ausgegraben zu werden. Bis zu 35 Minuten sieht die Sache noch viel ernster aus. Mehr als die Hälfte der Verschütteten ersticken in diesem Zeitraum. Wer noch später gerettet wird, muss von sagenhaftem Glück sprechen, wenn er die Kombination aus Unterkühlung, Sauerstoffmangel und Kohlendioxid-Anreicherung in seinem Blut überlebt. Bessere Argumente für die Anschaffung eines LVS gibt es nicht.

Basisausrüstung

Zur absoluten Basisausrüstung für Tourengeher und Freerider gehört natürlich das Trio aus Schaufel, Sonde und Verschüttetensuchgerät, umgangssprachlich meist „Pieps“ genannt. Wer nur mit diesem kleinen elektronischen Lebensretter unterwegs ist, handelt egoistisch. Und zwar insofern, als er für andere zwar leichter zu finden ist, sich selber aber an einer effizienten Suche nach verschütteten Kollegen nicht beteiligen kann. Ganz zu schweigen vom Ausgraben, das ohne Schaufel mit bloßen Händen im meist sehr verdichteten Lawinenschnee viel zu lange dauern würde oder überhaupt unmöglich ist.

Multifunktionale LVS-Geräte

Zwei oder drei Antennen

LVS-Geräte gibt es schon seit vielen Jahren. Früher waren sie analog, heute sind sie digital. Der Unterschied: Analoge Geräte wiesen dem Suchenden nur die richtige Richtung. Und zwar mit einem Piepton, der lauter oder leiser wurde, je nachdem ob man dem Verschütteten näher kam oder sich von ihm entfernte. Digitale Geräte hingegen berechnen auch die Entfernung und die Lage des Verschütteten Opfers. Mit den digitalen Geräten tauchte auch die Frage nach der An-tennenzahl auf. Zwei oder gar drei? LVS-Geräte mit zwei Antennen haben in ihrem Inneren zwei gekreuzt wirkende Antennen. Eine in der X-Richtung, eine in Y-Richtung. Sie verfügen neben der akustischen Signalverarbeitung auch über eine digitale Entfernungs- und Richtungsanzeige. Sie senden das Signal allerdings nur mit einer Antenne. Welche das ist, kommt auf das Gerät an. Die jeweils andere Antenne hat beim Senden keine Funktion. Drei-Antennen-LVS sind eigentlich schon seit längerer Zeit Standard. Die beiden horizontalen Antennen messen die jeweilige Signalstärke und errechnen damit, aus welcher Richtung das Signal kommt. Die dritte, senkrechte Antenne übernimmt die genaue Punktortung. Ohne diese vertikale Antenne wäre es ungleich schwerer, den Sender genau zu orten. Doch unabhängig von der Antennenanzahl geht es auch um die Bedienbarkeit.

Anzeige für Mehrfachverschüttung

Bei der Handhabung zeigt sich, dass Profigeräte für manchen durchschnittlichen Anwender einen Tick zu viele Funktionen haben, die möglicherweise verwirren. Denn ob ein Gerät Leben retten kann, hängt nicht nur von der Anzahl der technischen Features ab. Vielmehr geht es vorrangig auch darum, ob man es auch richtig und im Unglücksfall unter extremen Stressbedingungen bedie-nen kann. Am besten auch mit Handschuhen. Deshalb macht es durchaus Sinn, sich als Normalverbraucher an den Modellen der Mittelklasse zu orientieren. Das können zum Beispiel auch abgespeckte Topgeräte sein, die durchaus allen wichtigen Ansprüchen genügen können. Was im Übrigen leicht zu bedienende Schalter, einen einfachen Moduswechsel von Senden zu Empfangen sowie eine Anzeige für eine Mehrfachverschüttung voraussetzt. Und damit eine Markierfunktion für geortete Personen, sobald diese mit der Sonde gefunden wurden. In ungünstigen Fällen kann es geschehen, dass es zu Singalüberlagerungen kommt. Hier sind LVS-Modelle mit einem intelligenten Sender von Vorteil, bei denen der Sender gleichzeitig auch Empfänger ist. Damit lassen sich Signale anderer Verschütteter erkennen und die eigenen so verändern, dass sie nicht im selben Rhythmus gesendet werden.

Empfindliche Störquellen

Bedienerfreundlichkeit bedeutet aber auch, dass sich die Geräte einfach anlegen und tragen lassen. Hier stellt sich die Frage, ob man es über der untersten oder unter der obersten Klei-dungsschicht anlegen soll, was wiederum vom Gerät abhängt. Wichtig ist in jedem Fall eine möglichst schnelle Zugänglichkeit. Deshalb kann auch die Hosen- oder Jackentasche mit Reiß-verschluss ein guter Ort sein. Doch trotz aller mehr oder weniger großen technischen Raffinessen und Funktionalitäten gibt es Störfaktoren, die das Funktionieren eines LVS beeinträchtigen. Deshalb sollte man diese kennen und ausschalten. So etwa erweisen sich alle Geräte hersteller-unabhängig im On-Zustand als sehr empfindlich gegenüber elektronischen Geräten und massi-veren Metallteilen. Deshalb gilt es, Handy, Pulsmesser aber auch Messer und Ähnliches möglichst weit entfernt vom LVS zu tragen. Wie weit, hängt wiederum von den Modellen ab.

Neue Features am „alten“ Gerät

Bleibt am Ende noch die Frage nach der Soft- bzw. Firmware. Denn tatsächlich können viele moderne LVS upgedatet werden. Als Firmware bezeichnet man die hardwarenahe Software, die für den Betrieb eines elektronischen Gerätes notwendig ist. Ähnlich wie bei einem Smartphone können damit auch dem LVS immer wieder neue Features hinzugefügt oder bestehende An-wendungen optimiert werden. Zum Beispiel schafft man es mit solchen Updates, die Reichweite oder die Bedienerfreundlichkeit bei der Feinsuche zu verbessern. Auf diese Weise bleibt das Gerät stets am letzten Stand der modernen LVS-Technik. Und genau das sollte immer das Ziel sein.

Fazit:

Es empfiehlt sich ein digitales 3-Antennen-Modell mit großer Reichweite. Denn das Hauptproblem bei der Rettung besteht darin, dass an der Oberfläche vom Verschütteten meist nichts zu sehen ist. Wenn kein Signal empfangen werden kann, bleibt nur die langwierige Suche mittels Sonde. Selbstverständlich sollte das LVS-Gerät einfach und auch mit Handschuhen zu bedienen sein, ein übersichtliches Display aufweisen, über eine Markierfunktion für Mehrfachverschüttungen verfügen und am besten auch eine Verschüttetenliste erstellen können. Man weiß ja nie!
 
Drei Gängige Modelle von LVS-Geräten haben wir für Sie verglichen

Mit Sonde und Schaufel

Lawinenschnee kann nach einem Abgang unglaublich hart und kompakt werden Deshalb ist die gute „alte“ Metallschaufel einem Modell aus Hartplastik vorzuziehen. Auf sie kann man sich immer verlassen, wenn es drauf ankommt und wo andere möglicherweise an ihre Grenzen stoßen. Bei Lawinensonden hingegen geht es weniger um das Material als um die Länge. Mannschaften der Bergrettung machen sich mit den robustesten und längsten Sonden so um die 3 Meter auf die Suche. Sonden für Tourengeher messen in der Regel zwischen 2 und 2,50 Meter. Schließlich geht es hier auch um möglichst wenig Gewicht.

Lawinen-Airbag

Die nackten Zahlen belegen, dass 97 Prozent der Wintersportler überleben, die bei einem Schneebrettabgang einen Lawinenairbag trugen und auslösten. Mit einem Rucksack steigt die Überlebenschance also drastisch an. Warum eigentlich?

 

Der Paranusseffekt

Zu verdanken haben wir diese erfreuliche Tatsache dem Prinzip der inversen Segregation, das man auch als Paranusseffekt bezeichnet. Der besagt Folgendes: In einer Masse mit großen und kleinen Teilchen, die durch eine Fließ- oder Schüttbewegung durchmischt wird, streben die großen Teilchen mit mehr Volumen nach oben. Und zwar unabhängig vom Gewicht. In einer Lawine wird der Wintersportler nach dem Auslösen des Airbags zu einem der großen Teilchen, das gesetzeskonform an die Oberfläche strebt. Angenehmer Nebeneffekt: Die bunten Airbag-Ballone erleichtern auch das Auffinden und ermöglichen eine schnelle Ortung. Wenngleich natürlich diese physikalische Freundlichkeit nicht als Freibrief verstanden werden darf, ab sofort den Leichtsinn walten zu lassen. Vielmehr sollte man sich eingehend über die die verschiedenen Arten von ABS-Rücksäcken als sinnvolle Ergänzung zur nach wie vor unabdinglichen Notfallausrüstung mit Schaufel, Sonde und LVS informieren.
 

Lebensrettender Auftrieb

Wie erwähnt setzen ABS-Rucksäcke auf die effizienteste Möglichkeit, einen Lawinenabgang zu überleben: auf die Nichtverschüttung. Immerhin sind 90 Prozent der Todesfälle bei einem Lawinenabgang eine Folge der Verschüttung. Ein Teil der Rucksack-Systeme versucht diese mit einem Zwei-Kammern-System zu verhindern. Im Notfall pumpen sich über einen pyrotechnisch-pneumatischen Auslöser auf den Seiten des Rucksackes die Airbags auf. Auch ein Funkfernauslöse-System kann diesen Job übernehmen. Es befördert im Notfall automatisch ohne manuelles Auslösen durch den Rucksackträger die Luft in den Airbag. Anstelle der obligatorischen Stahlkartusche kann auch eine leichtere Karbonkartusche verwendet werden. Das Volumen der beiden Airbags beträgt zusammen 170 Liter. Andere Systeme arbeiten mit nur einer Kammer. Ausgelöst wird ebenso mechanisch mithilfe einer mit Pressluft befüllten Druckluftkartusche. Bei vielen Modellen sitzt der Airbag im Kopfbereich des Rucksackes bzw. im Nackenbereich. Der Kopf bleibt im Unglücksfall idealerweise an der Oberfläche und man liegt quasi auf dem Rücken. Das ist die beste Position, damit die Atemwege nicht vom Schnee bedeckt werden, wodurch die Erstickungsgefahr reduziert wird. Es gibt auch ein Airbag-System, das zusätzlich zum Kopf auch Nacken sowie Brustkorb vor Stößen während des Lawinenabgangs schützt. Relativ neu sind auch Modelle, bei denen sich die Airbag-Einheit demontieren lässt, sodass der Rucksack auch im Sommer verwendet werden kann.

 

Kein Ersatz für Prävention

 ABS-Rucksäcke gibt es in verschiedenen Größen. Wichtig ist, beim Kauf auf das gründliche Probieren zu achten. Denn Passformen erweisen sich oft als sehr unterschiedlich. Linkshänder sollten prüfen, ob sich der Auslösegriff auf der anderen Seite montieren lässt. Darüber hinaus gilt: Auch wenn solche Lawinenairbag-Rucksäcke vergleichsweise preisintensiv sind, gehören sie vielerorts zusammen mit der Notfallausrüstung fast schon zum Standardequipment. Allerdings sollte man sich im Klaren sein, dass ein Lawinenairbag weder eine gründliche Ausbildung im Bereich der Lawinenprävention ersetzen kann, noch eine Verschüttung zu 100% verhindert. Mit ihm steigt einfach die Überlebenschance.

Avalung und Recco

Neben dem Airbag kann auch die Avalung die Überlebenschancen im Unglücksfall deutlich verbessern. Dieses System ermöglicht es, die im Schnee vorhandene Atemluft aufzunehmen. Ohne dieses Gerät führt die kohlendioxidreiche Atemluft nach einer Verschüttung binnen kurzer Zeit zum Erstickungstod. Die Avalung führt die verbrauchte Luft einfach über einen Schlauch am Rücken ab. Sie wird vorher um den Oberkörper angelegt, wobei sich das Mundstück auf Höhe des Halses befindet, weil es im Ernstfall natürlich schnell griffbereit zu sein hat.  Ist die Jacke bis zum Kinn zugezogen, kann den rettenden Biss in den „Schnorchel“ zu einem letalen Problem werden. Womit wir beim nächsten Überlebens-Tool wären: das Recco-System. In Bekleidung und Skischuhen eingearbeitet handelt es sich bei dieser Notfallausrüstung technisch gesehen um ein passives System, das auf Funkreflektoren basiert. Passiv bedeutet, dass Recco-Träger damit nicht selber suchen können. Für das eigene Auffinden allerdings kann das Recco-System wertvolle Hilfe leisten.

Suchroutinen üben – jede Minute zählt

Nach einem Lawinenabgang bietet die Kameradenrettung die beste Überlebenschance. Voraussetzung dafür: Alle Gruppenmitglieder müssen die erforderliche Notfallausrüstung dabei haben. Also das eingeschaltete(!) und am Körper fixierte Lawinenverschütteten-Suchgerät, Lawinensonde und Lawinenschaufel. Darüber hinaus sollte jeder Kamerad die notwendigen Handgriffe und Suchstrategien beherrschen. Soll heißen, den Umgang mit einem LVS-Gerät, der Sonde und Schaufel sollte derart automatisiert sein, dass trotz der enormen psychischen Belastung während der Verschüttetensuche keine Fehler passieren. Denn hier zählt jede Minute. Statistiken belegen, dass die Chance zu überleben in den ersten 10 bis 15 Minuten sehr groß ist und anschließend rapide absinkt. Deshalb ist nur die beste Ausrüstung gerade gut genug.
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